Dienstag, 21. Oktober 2014

Autorenporträt: Karin Weiss



Wo Krokodile fliegen lernen

 

Karin Weiss ist Malerin und Autorin zugleich. Den Spagat zwischen der Malerei und dem Schreiben zu meistern, schaffen nicht viele. Manch einer kommt dabei ins Straucheln. Nicht so Karin Weiss. Mit beiden Beinen steht sie fest auf dem Feldsteinboden in ihrem Atelier. Zwischen den weiß gekalkten Wänden des umgebauten Stalltraktes fällt der Blick durch das Fenster direkt auf den Dümmer See.

Wer Karin Weiss erlebt, kann sich kaum vorstellen, dass sie jemals etwas anderes getan hat, als zu malen. Die hochgewachsene, jugendlich wirkende 46-Jährige hat wache Augen, die ihre Umgebung bis ins kleinste Detail wahrzunehmen scheinen. Große, schwingende Schritte charakterisieren ihren Gang. Ihre langen Beine stecken in Jeans. Das kupferfarben schimmernde Haar hat sie, farblich passend zum Shirt, mit einem Haarclip mit türkisem Stein gebändigt. Gemalt hat sie immer. „Ich war als Kind vier Jahre lang an einer Waldorfschule“, berichtet Karin Weiss. Dass eine künstlerische Erziehung dort einen besonderen Stellenwert genießt, hat wohl mit dazu beigetragen, dass sie den Pinsel nie aus der Hand gelegt hat. „Kinder malen ja alle“, erklärt sie, „in dem Alter, in dem andere dann damit aufhören, habe ich einfach weitergemacht“. Ihr erster Brotberuf wurde die Malerei dennoch nicht.

Geboren wurde Karin Weiss 1968 in Braunschweig. Sie ist im saarländischen St. Wendel aufgewachsen. Dort hat sie auch ihr Abitur gemacht. Schon während ihrer Schulzeit konnte sie bei der Saarbrücker Zeitung Presseluft schnuppern. Nach ihrem Studium der Slawistik und Germanistik hat es sie dann erst einmal in die Welt hinaus gezogen. Längere Aufenthalte in St. Petersburg und Kiew folgten, bevor sie in ihrem Job als freie Journalistin gelandet ist. Ihre Arbeit als Radio- und Fernsehjournalistin beim NDR habe ihr viel Spaß gemacht. Das Malen aber hat sie während all dieser Jahre nie aufgegeben. Auf Wochenendakademien hat sie Gleichgesinnte getroffen, mit großen Formaten und breiten Pinseln experimentiert.
Zwei Jahre nach ihrem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern, im Jahr 2003, hat sie sich entschlossen, die Malerei nicht mehr nur nebenberuflich zu betreiben, sondern zu ihrem Hauptberuf zu machen. Ein Meilenstein auf diesem Weg ist die erfolgreiche Bewerbung beim Berufsverband Bildender Künstler im Jahr 2007 gewesen. Sie selbst war ohne Weiteres davon ausgegangen, Mitglied zu werden. Erst im Nachhinein hat sie erfahren, wie schwierig eine solche Aufnahme werden kann und welche Anerkennung diese dementsprechend ausdrücke.

Nun entstehen in ihrem Atelier in der Nähe von Schwerin, unter anderem abstrakte Acrylmalereien, Drucke, Holzschnitte, Keramiken, Lampen und Postkarten. Hier bietet sie zudem verschiedene Workshops und Kurse an, in denen die Teilnehmer selbst Drucke oder Bilder herstellen, töpfern oder auch Lampen bauen können. In den Workshops arbeiten die Teilnehmer oft an völlig unterschiedlichen Projekten. Die Arbeit des jeweils anderen bietet jedoch nicht nur den Gästen, sondern auch der Künstlerin selbst neue Quellen der Inspiration.

Neben ihrer Tätigkeit als bildende Künstlerin und Dozentin blieb Karin Weiss dem Schreiben auch weiterhin treu. Im Jahr 2013 hat sie ihr erstes Kinderbuch mit dem Titel „Kroko träumt nach anderswo“ veröffentlicht. Bis sie ihre Idee verwirklicht und das Buch endgültig seinen Platz auf den Ladentischen des Buchhandels gefunden hatte, vergingen sieben Jahre. „Es ist ein künstlerisches Buch“, betont die Autorin. Alles darin stammt von ihr selbst. Sie hat nicht nur die Verse gedichtet, sondern auch die Schrift selbst entworfen. Die Buchstaben hat sie aus Linolplatten geschnitzt, bevor sie als Computerschrift „kroko sans serif“ installiert wurden. Die Illustrationen sind als Mischung zwischen Druck und Malerei entstanden. Die 90 x 60 Zentimeter großen Originale in Acryl hat Karin Weiss im Jahr 2013 in einer Ausstellung in ihrer eigenen Werkstatt-Galerie präsentiert. Die Bilder sind in dunklen Farben gehalten. „Das gefällt nicht jedem“, meint die Malerin und ergänzt: „Kinder haben damit komischerweise überhaupt keine Probleme“.

Derzeit schreibt sie im Rahmen der Kreativ-Plattform „Oetinger 34“, einem in der BETA-Phase befindlichen Projekt des Oetinger-Kinderbuchverlages, an einem neuen Buch. Dieses Mal handelt es sich um ein phantastisches Kinderbuch für Kinder zwischen neun und zwölf Jahren, das voraussichtlich im Dezember fertig wird. Bei ihrem Schreibprozess wird sie unterstützt von einer Lektorin und einer Leserin. Die Geschichte spielt an vielen verschiedenen Orten, die die Autorin selbst besucht hat. So hat sie im Buch beispielsweise ihre Arbeit als Dolmetscherin auf einem Schiff verarbeitet und es kommen viele Plätze darin vor, die sie von ihrem Aufenthalt in Kiew kennt. „Manches hat sich natürlich verändert“, erklärt Karin Weiss. „Das muss ich dann auch recherchieren.“ Schließlich sollten die Orte schon stimmen, auch wenn es ein phantastisches Kinderbuch werden wird.

Ausgewogen ist die Arbeit an zwei Fronten auch bei Karin Weiss nicht immer. Es gibt Zeiten, in denen steht die Malerei an erster Stelle, in anderen geht ihr das Schreiben leichter von der Hand. Künstlerisches Schaffen ist auch bei ihr ein Prozess, der ständigen Veränderungen, ständigen Weiterentwicklungen unterworfen ist und sich mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert sieht. Derzeit steht ein Umzug der Werkstatt-Galerie nach Schwerin an, der sicher einige Veränderungen mit sich bringen wird. Gespannt sein dürfen darauf nicht nur die Schweriner!

Wer mehr über Karin Weiss und ihre Arbeit erfahren und sich selbst ein Bild von ihr machen möchte, findet HIER ihre Website. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen